von Burkhard Radtke
Ursprünglich war der Friedhof der turmlosen, niedrigen Feldsteinkirche nahezu quadratisch zugeordnet und nur mit Bohlenzäunen (Holzzäunen) gegen Wildeinfall geschützt. Erst unter der Patronatsherrschaft der osthavelländischen Familie von Ribbeck erfuhren die Dorfkirche und der Friedhof ab 1660 die bedeutendste Förderung in Bezug auf Umbau und Gestaltung. So wurde 1769 der ursprüngliche Friedhof mit Ziegeln im Klosterformat und Dachsteinen auf einem Fundament aus Feldsteinen, das unsere Friedhofsmauer heute noch zuverlässig trägt, mit Torweg, vier Pfeilern und Pforte gesichert. Diese Umfriedung wurde noch unter der Patronatsherrschaft der Familie von Ribbeck im Zeitraum 1783 - 88 umfassend repariert.
Mit dem Erwerb des Rittergutes und der Übernahme der Patronatsherrschaft durch Christian Ludwig von Winning im Jahre 1789 verfielen Kirche und Friedhof derart, dass sie 1811 als unverbesserlich bezeichnet wurden. Erst seine Witwe, die bis 1836 Patronin war, beauftragte eine größere Reparatur an Kirchhofmauer und Torweg.
Ab 1836, mit dem Kauf des Rittergutes und der Übernahme der Patronatsherrschaft durch Landefeld – und insbesondere durch seinen Großneffen Berger als seinen Erben – kommt wieder eine positive Entwicklung in die Gestaltung und Ausstattung der geistlichen Gebäude und der Anlagen. So wird der Friedhof bis zur Höhe Triftweg erweitert und die Friedhofsmauer aus Mischmauerwerk mit Klinkersteinen als Abdeckung verlängert und die neue Westmauer ersetzt.
Im Jahre 1890 kauft Otto Wollank (ab 1913 von Wollank) das Rittergut und wird Patron. Otto Wollank veranlasste 1891 eine umfassende Reparatur der Friedhofsmauer und der Einfahrt. 1900 beauftragte die Mutter des Patrons die Errichtung des neugotischen Mausoleums, heute Kolumbarium. 1903 / 04 beauftragte Otto Wollank den Bau der Leichenhalle, heute Feierhalle. Am 30.9.1929 verunglückte das Ehepaar von Wollank tödlich, Erbin wurde die Tochter Ilse von Schulz, geborene Wollank. Sie blieb Patronin der Kirche bis zur Enteignung des Rittergutes nach dem Zweiten Weltkrieg. 1937 / 38 beauftragte der Gemeindekirchenrat eine notwendig gewordene umfassende Reparatur an der Kirchhofmauer und am Kirchhofseingang.
Am 25. April 1945 wurden Kirchturm, Kirche, Leichenhalle und der Südteil der Friedhofsmauer durch Artilleriebeschuss seitens der Roten Armee schwer beschädigt. 1947 / 48 konnten die größten Schäden an Kirche, Leichenhalle, Mausoleum und Friedhofsmauer notdürftig instandgesetzt werden. 1947 erwarb die Kirchengemeinde für die dringend erforderliche Friedhofserweiterung eine benachbarte Ackerfläche und verband diese (den sogenannten „neuen Friedhof“) mit einem Durchbruch der nördlichen Friedhofsmauer mit dem „alten“ Friedhof. Dieser „neue“ Friedhof wurde mit einem Maschendrahtzaun in Richtung Westen und nach Norden umfriedet. Vom Triftweg erhielt diese Umfriedung eine zusätzliche Tordurchfahrt.
In den Folgejahren konnten aus finanziellen und materiellen Gründen nur gravierende Schäden notdürftig bereinigt werden. Erst 2012 war es dem Gemeindekirchenrat möglich, den in Groß Glienicke ansässigen Bau und Denkmalpfleger Matthias Angerstein mit der Restaurierung der Westseite der Friedhofsmauer und 2013 mit dem ersten Abschnitt der Südmauer (Triftweg bis Feierhalle) zu beauftragen. Der Abschnitt der Feierhalle bis zur Ecke des ehemaligen Grundstücks der Familie Lehmann wurden wurde von den Mitarbeitern der Firma Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH Potsdam 2022 restauriert, die gleichfalls die Ost-Friedhofsmauer (parallel zur Dorfstraße) als wichtige Voraussetzung für die anschließende Gestaltung des künftigen Wilhelm-Stinzing-Platzes in hoher Qualität ausgeführt hat. Während die West- und Südmauer infolge des Mischmauerwerks mit Schlammputz versehen sind, bleibt die Ostmauer ziegelsichtig. Auch die Restaurierung der Zufahrt zu unserem Friedhofskomplex mit den vier Säulen und dem Mauerteil zum Pfarrhaus wird noch im Juni 2022 abgeschlossen sein. Die Restaurierung der Nordmauer („alter“ und „neuer“ Friedhof) wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
Wir sind Herrn Mathias Angerstein und den Mitarbeitern der Firma Roland Schulze Baudenkmalpflege GmbH Potsdam außerordentlich dankbar, dass sie mit ihrer hochprofessionellen Arbeit dazu beigetragen haben, unser kulturhistorisches und geistliches Zentrum „Dorfkirche Groß Glienicke“ hoffentlich auch für die folgenden Jahrhunderte als Zentrum eines ehemaligen Märkischen Bauerndorfes zu erhalten.
Oder auch Mäuse können zu schönen Schwänen werden
Eine Besonderheit unserer Dorfkirche ist ihre absolut exakte Ausrichtung der Altarseite nach Osten. Nur 0,0315 Grad beträgt die Abweichung, wie eine aktuelle Messung ergeben hat.
Auch andere Dorfkirchen sind wegen der christlichen Vorstellung, dass das Heil aus dieser Himmelsrichtung kommt – nach Osten ausgerichtet, jedoch variiert das jeweils um ein paar Grad.
Über die Gründe für die Genauigkeit, mit der bei uns in Groß Glienicke gearbeitet wurde, kann man nur spekulieren.
Rund 700.000 Euro sind in den vergangenen beiden Jahrzehnten in die Restaurierung unserer Kirche geflossen. Waren die Wände und auch das reich verzierte Interieur, etwa der Altar, das Taufbecken und die Kanzel, früher in tristem Grau gestrichen, erstrahlt nun alles wieder in der ursprünglichen, bunten Farbigkeit.
So, wie sie heute zu sehen ist, gibt die Dorfkirche in etwa den Zustand wieder, in den sie im 17. Jahrhundert versetzt wurde. Verantwortlich dafür war vor allem Hans Georg III. von Ribbeck. Der Patronatsherr von Groß Glienicke und Dechant des Brandenburger Domstifts entstammte dem osthavelländischen Zweig der Familie – dem westhavelländischen hatte bekanntlich Theodor Fontane mit seinem berühmten Gedicht ein Denkmal gesetzt. Hans Georg III. ließ die Dorfkirche ab 1679 umbauen. Der Kirchenraum wurde verkleinert und ein Vorraum geschaffen, zudem bekam die Kirche ihr heutiges Dach nebst Türmchen.
Im Heft “Offene Kirchen 2020” berichtet der langjährige Potsdamer Stadtkonservator Andreas Kalesse über die Geschichte der ältesten Potsdamer Kirche - unserer Dorf- und Patronatskirche in Groß Glienicke, und über die Restaurierung in den vergangenen 20 Jahren. Diese wurde von Staat und Kirche, darunter vom Kirchenkreis Falkensee, sowie von Vereinen, Stiftungen und vielen privaten Mäzenen unterstützt.